🌕 Legende der Ureinwohner über den Vollmond
Als die kalte Jahreszeit nahte, sagten die Dorfältesten: „Der Herbstmond scheint nicht für die Augen, sondern für Herzen, die verlernt haben zu sehen.“ Dieser Mond hatte einen geheimen Namen: der Mond der schlafenden Seelen .
Es erschien jedes Jahr, wenn Nebel die Berge einhüllte und die Feuer zu früh erloschen. Eine junge Frau namens Niska , die um ihren verstorbenen Jägerbruder trauerte, wanderte jeden Abend am See entlang. Sie suchte im Spiegelbild des Mondes nach einem Zeichen, einer Stimme, einer Spur.
Eines Nachts, als die Sterne einer nach dem anderen zu verblassen schienen, bildete sich ein Lichtkreis auf dem Wasser. Aus dem Heiligenschein trat ein alter Geist hervor, gekleidet in Rinde und Federn. Er sagte zu ihr:
„Diejenigen, die du für verloren hältst, schlafen nur im Licht. Der Mond wacht über sie, bis dein Herz sich erinnert.“
Niska schloss die Augen. Der Wind frischte auf, und im Rascheln der Bäume hörte sie das Lachen vergangener Zeiten. Jedes fallende Blatt wurde zu einer Stimme, jeder Windhauch zu einer Erinnerung. Als sie die Augen wieder öffnete, stand der Mond tiefer, als wache er von oben über die Erde.
Am nächsten Tag sang Niska. Die Ältesten erzählen, man könne ihn noch heute in Herbstnächten hören, wenn der Mond voll ist und die Flüsse zugefroren sind. Seitdem heißt es, der Vollmond der schlafenden Seelen erleuchte die Wege der Lebenden und erinnere uns daran, dass der Tod nur ein Übergang ist und das Licht niemals erlischt: Es wechselt lediglich die Welt.
🌙 Spirituelle Lehre
Der Mond der schlafenden Seelen lehrt uns, dass Erinnerung ein heiliges Feuer ist . Selbst wenn die Nacht endlos erscheint, wachen die Ahnen durch das Licht, das sich in unseren Herzen spiegelt, über uns. Liebe und Dankbarkeit sind Brücken zwischen den Welten.